Wie kann ein Korken bergauf schwimmen?
Material
- Trinkglas (Durchmesser: ca. 5 cm)
- Gefäß mit Schnabel, z.B. Meßbecher
- Korken einer Weinflasche
- Fett
- Hilfsmittel: Messer
Von einem Korken schneidet man eine ungefähr 5 mm dicke Scheibe ab und lässt sie unter folgenden Bedingungen auf Wasser schwimmen:
- Ein Trinkglas wird mit Wasser gefüllt, so dass der Wasserspiegel noch deutlich unter dem Glasrand liegt. Man versucht, die Korkscheibe in der Mitte der Wasseroberfläche zu plazieren.
- Man füllt, ausgehend vom ersten Fall, vorsichtig Wasser nach, bis die Wasseroberfläche sich etwa 2 mm über den Glasrand erhebt.
- Nun fettet man das Korkstück ein und setzt es sehr behutsam auf die Wasseroberfläche.
- Versucht man, die Korkscheibe in der Mitte der Wasseroberfläche zu plazieren, so schwimmt sie nach einer Weile stets an die Glaswand und verharrt dort (siehe Abb. 1(a)).
- Die Korkscheibe treibt unwillkürlich immer in die Mitte der Wasseroberfläche, auch wenn man sie mit viel Geduld an den Rand schiebt.
- Der Korken verhält sich genau umgekehrt wie in den Fällen 1 und 2, d.h. in einem übervollen Trinkglas schwimmt es an den Rand, andernfalls in die Mitte.
So verblüffend das Ergebnis dieses einfach durchzuführenden Experiments ist, so diffizil ist auch die physikalische Erklärung der beobachteten Vorgänge, die bis jetzt nach unserer Kenntnis noch nicht vollständig vorliegt.
In der Literatur wird das Experiment zwar relativ häufig erwähnt, das Ergebnis des Experiments jedoch auf recht unterschiedliche Weise begründet. Im folgenden soll dementsprechend keine lückenlose Erklärung, sondern eine Übersicht über die physikalischen Effekte gegeben werden, die eine Rolle spielen könnten.
Der ausschlaggebende Grund für das Verhalten des Korkens dürfte mit Sicherheit die aufgrund der Oberflächenspannung gekrümmte Wasseroberfläche sein. Die größten Abweichungen von einer ebenen Wasseroberfläche herrschen an der Berührungslinie zwischen Wasser und Glas bzw. zwischen Wasser und Korken, wobei der am Korkstück auftretende Randwinkel sich durch Einfetten des Korkens verändert, weil dadurch seine Benetzbarkeit kleiner wird.
Die offene Frage ist, wie das Verhalten des Korkstücks durch die gekrümmte Wasseroberfläche beeinflusst bzw. durch die Randwinkel bestimmt wird. Als Einflußfaktoren kommen dafür in Frage:
- Gewichtskraft des Korkens:
Eine gekrümmte Flüssigkeitsoberfläche legt zunächst die Vermutung nahe, dass der Korken durch seine Gewichtskraft bewegt wird. Da der Korken in den Fällen 1 und 2 aber an die höchstgelegene Stelle der Wasseroberfläche schwimmt, scheidet diese Erklärungsmöglichkeit aus, im Gegenteil, sie postuliert sozusagen zusätzliche Kräfte, die das Korkstück zu seinem „antigravitativen Verhalten“ zwingen.
- Minimierung der potentiellen Energie von Wasser und Korkstück:
Die Fälle 1 und 2 könnte man damit erklären, dass die Gesamtenergie des Systems Wasser‑Korken kleiner ist, wenn das Korkstück (mit einer relativ kleinen Dichte) eine hohe Position einnimmt und dafür das dichtere Wasser eine möglichst tiefe. Die Problematik dieser Erklärung liegt im dritten geschilderten Fall (siehe Aufbau und Durchführung). Das Einfetten des Korkens verändert die verdrängte Wassermenge nicht, führt aber zum umgekehrten Verhalten wie vorher.
- Oberflächenspannung und Oberflächenenergie des Wassers:
Die potentielle Energie, die notwendig ist, um den Korken an die höchste Stelle der Wasseroberfläche zu befördern, könnte aus der Oberflächenenergie des Wassers stammen. Das Verhalten des Korkstücks wäre dann dadurch bestimmt, dass es stets an die Stelle schwimmt, für welche die Oberfläche des Wassers minimal wird. (Da das Volumen des verdrängten Wassers und damit die mit Wasser benetzte Fläche des Korkstücks konstant ist, treten bei der Grenzflächenenergie zwischen Wasser und Kork keine (zur Änderung der Oberflächenenergie) zusätzlichen Energieänderungen auf.) Die unterschiedlichen Positionen des Korkens bei Vorliegen des Oberflächenminimums im Falle eines benetzbaren bzw. nichtbenetzbaren Korkstücks müssten dann durch die unterschiedlichen auftretenden Randwinkel des Wassers an der Korkoberfläche (und damit die unterschiedliche Form der Wasseroberfläche) begründet werden.